So gehst du mit depressiven Mitarbeitenden um

Es ist die neue Volkskrankheit Nummer eins: Depressionen. Jährlich erkranken daran in Deutschland rund 5,3 Millionen Menschen. Wie geht man mit depressiven Mitarbeitenden um? Wie reagieren Vorgesetzte angemessen? Wir geben einen Einblick.

So gehst du mit depressiven Mitarbeitenden um

Wie Führungskräfte angemessen auf Betroffene reagieren 

Es ist die neue Volkskrankheit Nummer eins: Depressionen. Jährlich erkranken in Deutschland rund 5,3 Millionen Menschen an einer handlungsbedürftigen Depression. Das zeigen die Studienergebnisse der Stiftung Deutsche Depressionshilfe. Jede:r fünfte Deutsche bekommt einmal in Leben eine Depression. Für Unternehmen geht diese Entwicklung mit immensen Kosten einher: Wenn Mitarbeiter:innen unter Depressionen leiden, nimmt nicht nur die Leistungsfähigkeit ab und die Fehlerquote zu, was bereits wirtschaftlich ins Gewicht schlägt. Viele Betroffene fallen für einen längeren Zeitraum aus und sind arbeitsunfähig.  

Immer mehr Unternehmen greifen die geistige Gesundheit ihrer Mitarbeiter:innen deshalb in ihrem Betrieblichen Gesundheitsmanagement auf und schaffen Vorsorgepläne. Doch wie geht man damit um, wenn im Team dennoch jemand unter Depressionen leidet? Wie reagieren Führungskräfte angemessen? 

Psychische Erkrankungen verlaufen schleichend. In der Regel ist der Verlauf schon fortgeschritten, ehe sich die Erkrankung im Arbeitsleben bemerkbar macht. Und selbst dann sind die Reaktionen von Mitarbeitenden und Vorgesetzten nicht immer angemessen. Als unsichtbare Krankheit fehlt es oftmals an Akzeptanz. So wird Betroffenen nicht selten Faulheit, Unfähigkeit oder Unzuverlässigkeit unterstellt, mit dem Vorwurf, sich vor der Arbeit drücken zu wollen. Das wiederum verschärft das Krankheitsbild. Denn Depressive leiden ohnehin schon an mangelndem Selbstwertgefühl. 

Woran erkennt man Depressionen? 

Depressive Krankheitsbilder verlaufen nie linear. Das macht es umso schwieriger, die Erkrankung zu greifen. Bei leichten Verläufen mögen Außenstehende gar keine Anzeichen erkennen – schließlich versuchen Erkrankte so lange wie möglich, die gesunde Fassade aufrecht zu erhalten. Bei behandlungsbedürftigen Depressionen sieht das anders aus. Hier können die Symptome am Arbeitsplatz von Müdigkeit über Niedergeschlagenheit, mangelnde Konzentration, Gereiztheit bis hin zu häufigen Fehltagen reichen.  

Erkennbar sind die Folgen im Job zunächst meist durch einen deutlichen Leistungsabfall des/der Mitarbeitenden, eine höhere Fehlerquote sowie einem sozialen Rückzug. Betroffene ziehen sich zurück, beteiligen sich kaum mehr an Gesprächen oder Diskussionen. Wer in seinem Umfeld solche Warnsignale wahrnimmt, sollte nicht zu lange beobachten, sondern handeln. 

Wie können Vorgesetzte im Verdachtsfall handeln? 

Es gibt depressive Mitarbeiter:innen, die von sich aus das Gespräch zum/zur Vorgesetzten suchen. Andere dagegen halten ihre Erkrankung dem Arbeitgeber gegenüber geheim, weil sie negative Auswirkungen auf ihre Karriere befürchten. Führungskräfte haben gegenüber ihren Mitarbeitenden jedoch eine Fürsorgepflicht. Sollten sie irgendwelche Anzeichen erkennen, dass es einem oder einer Mitarbeiter:in nicht gut geht, sollten sie mit ihm oder ihr das Gespräch suchen. So können Vorgesetzte vorgehen: 

  • Vier-Augen-Gespräch suchen 
    In diesem Gespräch ist es wichtig, dass der/die Chef:in seine Beobachtungen äußert. Ich-Botschaften sind hier angebracht, z.B. “Mir ist aufgefallen, dass Ihre Leistung etwas nachgelassen hat” oder “Ich habe das Gefühl, dass Sie irgendetwas belastet”. Fingerspitzengefühl ist in diesem Gespräch gefragt. Die gewählten Worte sollten weder anklagen noch Druck oder negative Gefühle erzeugen. Öffnet sich der/die betroffene Mitarbeiter:in gegenüber dem/der Vorgesetzten, kann eine Strategie zum weiteren Vorgehen besprochen werden.
     
  • Gemeinsame Lösungen finden 
    Wie kann der/die depressive Mitarbeiter:in entlastet werden? Der Kern einer Depression liegt zwar in den meisten Fällen nicht im Arbeitsplatz. Jedoch können manche Aufgaben und Bedingungen am Arbeitsplatz von Depressiven als zusätzlich belastend empfunden werden. Die Frage des/der Vorgesetzten sollte hier sein: “Wie können wir die Situation verbessern?”. Belastet es den/die Erkrankte momentan z.B. Kundenbesuche zu tätigen, lässt sich diese Aufgabe vielleicht auf andere Mitarbeitende übertragen. Steckt privater Stress dahinter, kann über eine Reduktion der Arbeitszeit gesprochen werden.  

  • Expertinnen/Experten hinzuziehen 
    Vorgesetzte können die Initiative ergreifen, mit Experten und Expertinnen wie Ärzten und Ärztinnen ins Gespräch gehen und gemeinsam nach individuellen Therapiemöglichkeiten für den/die betroffene:n Mitarbeiter:in suchen. Generell sollten sich Chefinnen und Chef so viel Expertenwissen wie möglich aneignen, um angemessen mit depressiven Mitarbeitenden umzugehen. 

  • Begleiten des/der Betroffenen 
    Depressiven gibt der Berufsalltag oft Halt – auch wenn ihnen dessen Bewältigung schwerfällt. Anstatt zu fürchten, ihren Job zu riskieren, hilft es Betroffenen, wenn sie von den Vorgesetzten begleitet werden. Dazu zählen regelmäßige Gespräche genauso wie ein offenes Gespräch mit dem Team. Außerdem kann es regelmäßig notwendig sein, die Aufgaben und das Aufgabenvolumen an die Situation des/der erkrankten Mitarbeitenden anzupassen. 

  • Arbeitsbedingungen unter die Lupe nehmen 
    Ist der Arbeitsplatz der Hauptgrund für die Erkrankung des/der Betroffenen? Vorgesetzte sollten hellhörig werden, wenn sie von Depressionen innerhalb der Belegschaft erfahren. Dann sollte geprüft werden, ob es am Arbeitsplatz belastende Faktoren gibt. Vielleicht ist die Aufgabenverteilung nicht ausgewogen, so dass manche Mitarbeiter:innen ständig am Limit sind. Vielleicht gehört Mobbing zur Tagesordnung. Bei Auffälligkeiten bei den Arbeitsbedingungen sollte gemeinsam nach Lösungen gesucht und an diesen gearbeitet werden.  

Depressionen sind nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Es handelt sich dabei um eine ernsthafte Erkrankung, auch wenn sie nach außen hin nicht sichtbar ist und Außenstehenden die Nachvollziehbarkeit fehlt. Im Schnitt sind 4,4 Prozent aller Arbeitnehmenden depressiv. Wie langwierig die Erkrankung ist, zeigen Zahlen des 6. Deutschland-Barometers Depression der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention: Bis sich Menschen mit depressiver Erkrankung überhaupt erst Hilfe suchen, vergehen im Schnitt 20 Monate. Ein verständnisvoller Umgang mit Betroffenen und Unterstützung sind immens wichtig – nicht nur im Privatleben, sondern auch am Arbeitsplatz. 

Häufig gestellte Fragen

  • Wenn du den Eindruck hast, dass jemand im Team Depressionen hat, solltest du nicht zu lange tatenlos zusehen. Geh offenen auf den/die Betroffene:n zu und schildere deine Beobachtungen in Ich-Botschaften, z.B. "Ich habe den Eindruck, dass du in letzter Zeit öfter bedrückt bist." Es ist wichtig, Betroffene ernst zu nehmen und sie zu unterstützen.

  • Generell besteht keine Pflicht darüber, dass du die Diagnose mit dem Arbeitgeber teilst. Auf einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist diese nicht vermerkt. Gehst du jedoch arbeiten und deine Leistung leidet unter deiner Erkrankung, macht es Sinn, deine:n Vorgesetzte:n ins Boot zu holen. Das schafft Verständnis und ihr könnt gemeinsam besprechen, inwieweit eine Entlastung möglich ist.

  • Je nach Schweregrad der Depression können Betroffene noch arbeiten bzw. wieder ins Berufsleben eingegliedert werden. Der Arbeitsalltag schafft Routine, Ablenkung und vermittelt ein Gefühl von Sicherheit. So kann es sogar hilfreich sein, wenn Betroffene ihrer Arbeit nach gehen – als Teil der Therapie, um depressive Phasen zu verringern.

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Vanessa Schäfer

Head of Content (mehr anzeigen)
Vanessa arbeitete fast 7 Jahre als Head of Content bei kursfinder.de. Als kreativer Kopf hat sie mit ihrem Redaktionsteam redaktionelle Beiträge und Reports erstellt. Außerdem versorgte sie die Nutzer:innen des Portals mit Lesestoff rund ums Thema Weiterbildung und Berufsalltag durch den kursfinder-Newsletter und war zuständig für die Pressearbeit. (weniger anzeigen)

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Vanessa arbeitete fast 7 Jahre als Head of Content bei kursfinder.de. Als kreativer Kopf hat sie mit ihrem Redaktionsteam redaktionelle Beiträge und Reports erstellt. Außerdem versorgte sie die Nutzer:innen des Portals mit Lesestoff rund ums Thema Weiterbildung und Berufsalltag durch den kursfinder-Newsletter und war zuständig für die Pressearbeit.

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